Geschichte der Gruppe
2016
In diesem Jahr wurde die erste Produktion aufgeführt: Graf Öderland, frei nach Max Frisch. Katti Geighardt, damals Theaterpädagogin in Ausbildung, abgeschlossenes Studium des Bewegungsschauspiels, rief die Gruppe 2025 ins Leben. Wir fanden uns unter dem damaligen Namen Tapetenwechsel zusammen als eine Gruppe von Theater interessierten Studierenden, die Lust am Spiel, der Improvisation und auf die Bretter der Bühne hatte. Der Name wurde 2019 zu MundWerk geändert. Jeder* und jede*, der* und die* spielen wollte, sollte die Möglichkeit bekommen. Unter der Leitung von Katti nahm eine Gruppe von 15 Motivierten die Freude und die Arbeit auf, den Anwalt, Träumer und Aufrührer Öderland ein Jahr lang zu begleiten. Dabei prägte Katti die Probenstruktur und viele Aufwärmübungen und – spiele, die für immer in der Gruppe erhalten bleiben.
Im Oktober wurde die Gruppe für alle, die sich interessiert haben, erneut geöffnet. Dadurch wuchs MundWerk zu über 30 Personen an, weshalb zum Jahr 2017 an zwei verschiedenen Produktionen gleichzeitig gearbeitet wurde.
2017
Im Mai 2017 kam beide Stücke, die bereits Ende 2016 gestartet waren, auf die Bühne. Thornten Wilders Wir sind noch einmal davongekommen nahm das Publikum mit der menschlichen Kernfamilie, symbolisch für die Menschheit als ganzes, und all ihrer Probleme durch die Weltuntergänge mit zu einem hoffnungsvollen lebensbejahenden Ende, das nur auf die nächste Krise wartet. Die Deplatzierten stellte als Szenencollage bissig und karikierend das Leben der Anzugträger*inner im Haifischkapitalismus dar. Die Abgründe des Zwischenmenschlichen in der Firmenwelt konnten bittersüß ausgekostet werden, gemischt mit dem brodelnden Gefühl, dass hier die materiellen Ungerechtigkeiten einer Gesellschaft geschaffen werden.
Im Oktober entschieden wir uns gemeinsam für neue Wege und Erfahrungen in unserem bisherigen Theater Dasein. Wir inszenierten „Der grüne Kakadu“ von Arthur Schnitzler als ein „Bouffonesques“ Spiel in einer Bar und ließen mit diesen besonderen Wesen, mit karikierten Aristokrat*innen und überzeugenden Revolutionär*innen die Grenze zwischen Realität und Spiel auf der Bühne verschwimmen. Während die Bouffons in ihren zerrissenen Gewändern, unter der Last ihrer Deformitäten ächzend, den Sarg durchs Publikum tragen – sprichwörtlich und auch metaphorisch für den Sturz der Bourgeoisie – belustigen die Adligen sich über dieses außergewöhnliche Spiel, welches ekstatisch und euphorisch mit der Revolution und der Marseillaise endet.
2018
Wir wünschten uns für das Ende des Jahres eine besondere Produktion. Eine Theatercollage zum Thema „Eingesperrt“ sollte es sein. Wir begrenzten uns dabei nicht auf eine Bühne, sondern entwickelten einen interaktiven Theaterspaziergang. Das Publikum konnte den einzelnen Szenen durch die Aufführungsräume folgen- vom Foyer, hinter die Treppe, in den Altarraum- und erlebte damit einen intensiveren und näheren Eindruck von der Familie Frank in ihrem Versteck, von Gretchen und Faust in ihrem Kerker, von den drei Ertrinkenden auf ihrem Floß, den „rappenden“ Organen und den tanzenden „Bodies in a cage“.
Nachdem wir diese sehr zeitaufwendige und intensive Produktion mit „TRaumHaft“ hinter uns gebracht hatten, stand 2018 für uns ein Regiewechsel an. Unsere damalige Regisseurin Katti Geighardt ging für weitere Regiearbeiten nach Berlin. Daraufhin übernahmen Katharina Kohler und Robin Haensse die Regie, weswegen wir uns auch für einen neuen Namen entschieden. Aus „Tapetenwechsel“ wurde „MundWerk“.
2019
Unter neuer Regie von Katharina Kohler und Robin Haennse nahmen wir uns das Stück „Leonce & Lena“ von Georg Büchner vor. Wir wollten dieses besondere Stück, welches Lustspiel und politische Satire zugleich ist, für uns nutzen und mehr denn je auch politisches Theater machen. Mit einem Chor, der in brecht’scher Manier den klassischen Rollen dieses Stücks entgegensteht, planten wir sowohl die Desillusionierung der Jugend als auch die aktuelle politische Weltlage thematisieren und demontieren. Masken, das Spiel mit Illusion und die verträumte Sprache Büchners sollten hier alle einen Raum zum Wirken finden. Die Premiere sollte im Januar 2020 stattfinden.
2020
Nach den geglückten Aufführungen von ‚Leonce und Lena‘ im Januar 2020 versuchten wir uns im Pandemie-Sommer 2020 gleich am nächsten Projekt. Mit digitalem Theater wollten wir allen Beschränkungen zum Trotz Kunst schaffen. Natürlich laufen die Proben dabei auf ganz besonere und neue Weise ab: So trafen wir uns Anfang Juni erstmals für einen außerordentlichen digitalen Probentag via Zoom (teils aus unterschiedlichen Städten Deutschlands). Das Hör- und Sehspielprojekt wurde von uns ‚1608 Fragmente der Ortlosigkeit‘ getauft.
Als Aufführungstermine legten wir den 16. und 17.08.2020 fest. Ganz anders als sonst in unseren Theaterprojekten haben sich einzelne Kleingruppen in der Woche vom 04.-11.08.2020 getroffen, um die Hör- und Sehspielreise zu vertonen und zu videographieren.
2021
Das Jahr 2021 war leider noch weiter von Corona geprägt. MundWerk wurde hier nicht selbst tätig. Einige heißhungrige Mitglieder beteiligten sich bei der FIST*-Produkton Frühlingserwachen, die im Hans-Bunte-Areal durchgeführt wurde. Das Publikum schaute online zu und und traf Entscheidungen im im Stückgeschehen über eine eigens geschriebene Dramaturgie und ein eigens geschriebenes Webinterface zur Auswertung des Publikumsvotings.
Ab Oktober 2021 startete auch das FIST*-Projekt Meister Krabat unter der Leitung von Benedict Procter und Marcel Rogg – jedoch noch angemieteten Räumen in Schulen und noch ohne Aussicht, ob das Projekt in dem Räumen der Universität aufgeführt werden kann.
2022
Im Jahr 2022 war das Unitheater noch geschwächt von der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Auflagen. Mit dem FIST*-Projekt Meister Krabat erkämpften Marcel Rogg und Benedict Procter dem Unitheater das Recht überhaupt wieder in den Räumen der Universität zu proben. Schließlich wurde Meister Krabat im Mai 2022 aufgeführt, wobei die Schauspielenden auf der Bühne nach einigem Hin und Her keine FFP2-Maske tragen mussten. Aus dieser Projektgruppe entstammte im folgenden ein großer Schlag neuer Gesichter, die in den Folgejahren bei MundWerk aktiv waren.
2023
Aus dem Pandemie-Loch entkommen, konnte MundWerk 2023 wieder „analog“ spielen: In diesem Jahr nimmt die Gruppe Benedict Procter als Leitung auf, der zusammen mit Marcel Rogg mit Meister Krabat im Jahr davor sein Autorendebut hatte, und nun mit MundWerk die Gruppe für das nächste Stück gefunden hat: Wonderland: von Menschen, die den Kopf verlieren. MundWerk füllte in Wonderland die Welt von Lewis Carroll’s Kinderbuch Alice in Wonderland mit bunten Farben, wechselndem Bühnenbild und viel (Wort)witz mit neuem, und aktuellem Leben. Anstatt eines viktorianischen Menschens wirft das Stück drei (so genannte) Erwachsene in die Welt aus Reigen, Tanz und Freude, und zwingt sie dort dazu, Fragen zu stellen, nach dem Glück, nach der Verrücktheit und danach, wer man eigentlich ist.
2024
Ende Januar 2024 hat sich MundWerk wieder versammelt und sich thematisch dem Thema „Vergebung“ gewidmet. Einzelne Fragmente wurden zum Thema „Vergebung“ aufbereitet, sowohl höchstpersönlich, als auch politisch. In Kleingruppen mit je einer anderen Person als verantwortlicher Regie hat sich MundWerk an ein aufwühlendes und heikles Thema herangewagt. So wurde in der Produktion viel über die Darstellung verschiedener persönlicher und politischer Bilder zwischen Abbildung der Wirklichkeit, moralischem Verständnis und pädagogischem Auftrag diskutiert. Mit vielen Inhaltshinweisen vorgewarnt wurde das Publikum in der Szenencollage Fragmente des Vergebens im Juni 2024 emotional und gesellschaftspolitisch herausgefordert.
2025
Bereits im Oktober 2024 wurde MundWerk wieder unter der Leitung von Marcel Rogg aktiv. Mit dem Stück „Unschuld“ von Dea Loher hat MundWerk das erste mal das Stück einer weiblichen Autorin gespielt. Unschuld hebt sich in der Geschichte MundWerks als radikal emotionales und charakterzentriertes Stück ab. Seinen politischen Charakter gewinnt es durch das Erzählen der Geschichten von Benachteiligten Menschen, die im öffentlichen Diskurs bemitleidenswert oder eben als Opfer der Umstände darstellt werden. Dea Loher zeigt, wie Menschen in jeden Lebenslagen agentisch sein können. Die Aufführungen hab es im Juni 2025. Im Anschluss hat sich MundWerk als ein „Buchclub“ getroffen und schon für die nächsten Stücke diskutiert und gemeinsam gelesen. So konnte im August 2025 die nächste Produktion als Intensivprojekt begonnen werden. Roland Schimmelpfennigs „Die Frau von Früher“ wurde im August gestartet und wurde dann im Oktober 2025 zur Aufführung gebracht.
